Wer wegen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht arbeiten muss, darf trotzdem an anderen Aktivitäten teilnehmen, soweit diese den Heilungsprozess nicht verzögern. Das entschied kürzlich das Arbeitsgericht Stuttgart in erster Instanz (Urteil vom 22.3.2007 – 9 Ca 475/06).
Im entschiedenen Fall war der Kläger seit seinem 16. Lebensjahr Leistungssportler und nahm regelmäßig an Marathonläufen teil. Es kam zu einem Sportunfall, bei dem der Mann sich das linke Schulterblatt brach; in dessen Folge war er für längere Zeit arbeitsunfähig.
Nur 12 Tage nach seinem Unfall nahm der Kläger an einem 53km-Lauf in Österreich
teil, einige Wochen später war er Teilnehmer eines 50km-Marathons in Deutschland. Beide Läufe fanden während seiner Arbeitsunfähigkeit statt. Vor der Teilnahme konsultierte der Kläger seinen behandelnden Arzt; dieser erklärte, dass durch den Lauf mit keiner Verzögerung des Heilungsverlaufs der Schulter zu rechnen sei.
Nachdem der Arbeitgeber aus der Presse von der Teilnahme des Arbeitnehmers am Marathon erfuhr, kündigte er das Arbeitsverhältnis fristlos. Hiergegen erhob der Läufer Klage.
Das Gericht gab dem Arbeitnehmer Recht; die Krankschreibung besage lediglich, dass er seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit nicht nachkommen könne. Nicht hingegen sei dadurch indiziert, dass er auf anderweitige Aktivitäten verzichten müsse, soweit sie den Heilungsprozess nicht verzögern. Desweiteren lasse sich nicht feststellen, dass der Kläger mit der Teilnahme an den Marathonläufen seine Genesung ernsthaft gefährdet habe.
Die Kündigung wurde für rechtswidrig erklärt.