Ein Industriemechaniker hatte während der Probezeit einen Betriebsunfall, bei dem vier Finger einer Hand abgetrennt wurden, die jedoch teilweise wieder reimplantiert werden konnten.
Zwei Monate nach dem Betriebsunfall wurde er noch während der Probezeit gekündigt. Der Industriemechaniker klagte dagegen, weil er der Auffassung war, dass zunächst die Schuld an dem Arbeitsunfall geklärt werden sollte und sich sein Arbeitgeber somit treuwidrig verhalte. Nach seiner Auffassung ist er nicht schuld gewesen.
Der Arbeitgeber bestreitet dies, außerdem sei der Industriemechaniker auch vorher schon nicht teamfähig gewesen.
Die Schuldfrage ist hier jedoch unerheblich, da das Kündigungsschutzgesetz erst nach der Probezeit angewendet wird und ein treuwidriges Verhalten nicht dargelegt werden konnte.
Der Industriemechaniker hat dann während des Berufungsverfahrens seine Klage zurückgezogen.
Die Kündigung ist somit rechtens.
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Pressemitteilung Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Probezeitkündigung trotz schweren Arbeitsunfalls
Kläger nimmt Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf zurück.
Der Kläger war bei der Beklagten seit dem 19.09.2011 als Industriemechaniker in der sog. Scherenendmontage tätig. Bei einem Arbeitsunfall am 16.11.2011 wurden ihm vier Finger der rechten Hand abgetrennt. Drei Finger wurden erfolgreich reimplantiert.
Die Beklagte meldete den Unfall unverzüglich der Berufsgenossenschaft. Sie kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.01.2012 unter Wahrung der für die Probezeit vereinbarten Kündigungsfrist zum 09.02.2012.
Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam, weil die Beklagte sich treuwidrig verhalte. Solange nicht geklärt sei, wen das Verschulden an dem Arbeitsunfall treffe, käme eine Probezeitkündigung nicht in Betracht. Er behauptet, er habe kurz vor dem Aktivieren der Schneidemaschine noch den Auftrag erhalten, die Transportrollen zu überprüfen. Die Beklagte behauptet, der Kläger habe die Maschine zusammen mit zwei Kollegen aktiviert und dann ohne jede Veranlassung in die bereits aktivierte Maschine gegriffen. Er habe sich bereits vor dem Arbeitsunfall als nicht „teamfähig“ erwiesen, weil er sich nicht verlässlich an Sicherheitsvorkehrungen gehalten habe.
Es sei deshalb zweimal zu unfallgefährlichen Situationen gekommen.
Das Arbeitsgericht Solingen hat die Klage mit Urteil vom 10.05.2012 abgewiesen. Die Kündigung bedurfte nicht der sozialen Rechtfertigung, weil die sechsmonatige Wartezeit für die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes noch nicht abgelaufen war.
Die Kündigung sei weder sittenwidrig (§ 138 BGB) noch treuwidrig (§ 242 BGB). Ein treuwidriges Verhalten der Beklagten hat der Kläger nicht darlegen können.
Nach der Erörterung in der Berufungsverhandlung am 15.10.2012 vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf nahm der Kläger seine Berufung zurück, so dass das Urteil des Arbeitsgerichts Solingen rechtskräftig geworden ist.
Arbeitsgericht Solingen, 2 Ca 198/12, Urteil vom 10.05.2012
Landesarbeitsgericht Düsseldorf, 14 Sa 1186/12